Montag, 13. Dezember 2010

CD Review Äl Jawala - Live at Jazzhaus Freiburg - Balkan Big Beats

Äl Jawala - Live at Jazzhaus Freiburg - Balkan Big Beats

Mein erster Gedanke bei den 5 Leuten auf dem Cover ist:
"Schöne Instrumente, aber wer singt denn da eigentlich?" -
anscheinend  niemand.

01. Diva Nova - 6:08
Darabouka und ein sehr einfacher Saxophon-Groove eröffnen das zweite Album der Freiburger Äl Jawala. Sie laden uns ein, Sie zu begleiten, auf einer Reise bei der niemand weiss, wo es hingeht. Bald wird das Saxophon von einem zweiten umspielt und die Trommel drängt zur Eröffnung des ersten Musik Stückes. Das groovt ordentlich los. Im folgenden ruhigen Moment wundert man sich über diese sonderbaren Klänge. Bassist Daniel Verdier ist ein sehr versierter Künstler auf seinem Instrument und wird auf diesem Album oft den Zuhörern zeigen was ein Bass noch alles so kann.
Das Stück ist sehr dynamisch und definitiv tanzbar.

02. Rabih Abou Kabou - 6:31
Das Original Stück stammt von Rabih Abou Khalil. Äl Jawala legen hier eine sehr gelungene Interpretation hin. Steffi Schimmer und Krischan Lukanow beweisen hier ihr Können auf ihrem Instrument. Das Eingangsthema erklingt unisono von den 3 Melodieinstrumenten. Im Mittelteil erklingt dann ein, für Äl Jawala, langsames Saxophonsolo. Hier merkt man deutliche Jazzeinflüsse. Das Saxophon rastet immer mehr aus und es geht wieder ins Ausgangsthema.
Ein schön pulsierendes Stück mit merkwürdigen Takten.



03. Ciganski Oro - 6:24
Daniel Pellegrini und Markus Schumacher treiben die Bläser, die in einem scharfen staccato beginnen,über große Grasflächen und es entspinnt sich ein Fange-Spiel. Wild bleibt es bis zu einem Bruch im ersten fünftel des Tracks. Die Bläser sagen quasi eine Pause an. Äl Jawala brechen das Tempo runter und bleiben dabei immer sehr groovig. Man merkt, dass die Trommeln aber eher Energie los werden wollen und so kommt es wieder zu dem Fangespiel. Kurzzeitig haben die Drums die Saxophone abgehangen und laufen nun in einem sehr beatorientierten Solo weiter. Bald ist die Brassfraktion wieder dran und das Stück beginnt von vorne.
Ein sehr wildes Stück Musik.

04. Bate Vintul Frunzele - 6:32
Der Track beginnt mit einem marschierenden Snare-Wirbel. Im militärischen Stil stehen die Saxophone der Trommel bei. Die Darabouka bricht als erste aus diesem Zug aus. Das ganze Stück wird etwas freier, bis schließlich auch das Drumset ein einen groovigeren Beat wechselt. Alle Zurüchhaltung ist vorbei und der Groove treibt einen ordentlich an. Es gibt eine kurze Verschnaufpause, in der man einer getragenen Saxophonlinie zuhören kann. Das ganze Stück ist immer wieder durchsetzt, von knackigen Breaks, Stop and go. Der Bass schiebt einen immer wieder auf die Tanzfläche zurück.
Ein sehr abwechslungsreicher Track.



05. Bali - 6:24
Eine sehr getragene Saxophonmelodie eröffnet das Stück. Und jetzt ist es soweit, das da muss einfach ein neues Instrument sein. Der Blick ins Booklet zeigt, dass sich Äl Jawala mit Arthur Braitsch (Gitarre) einen Gastmusiker geholt haben. Der gesamte Klang ist wesentlich weiter und voller. Bis jetzt wusste ich gar nicht, dass es ihn gibt. Äl Jawala lassen ihren Gastmusiker nun bald den Vortritt und dieser spielt ein sehr sehr cooles Akustik-Gitarren-Solo, wie ich es selten gehört habe. Nach dem Solo geht es mit Klangflächen weiter und die Rythmusfraktion verwirrt das Ohr der Zuhörer zunehmend. Das ganze ist sehr hypnotisch. Zum Schluss nochmal dieses neue Klangbild, das es bis jetzt noch nicht gab.
Irgendwie neu aber trotzdem bekannt.

06. Borina Oro - 7:38
Treibende Bläser scheinen ein Markenzeichen von dieser Band zu sein. Mal jagen die beiden Bläser die Ryhthmusgruppe in die eine Richtung und im nächsten Moment geht es wieder andersherum. Ein sehr lebhaftes Treiben tut sich auf. Die beiden Percussionisten zeigen in diesem Track einmal mehr ihr Können. Plötzlich stellt sich ein Saxophon, spielt sich alleine in die Mitte und wird immer höher und höher... alles bereit zum abheben, wir starten wieder durch. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck eines Fehlstartes,aber man muss schon bis zum Finale angeschnallt bleiben.
Ein Stück mit sehr schwimmendem Drive.

07. Blonder Zeybek - 7:02
Daniel Pellegrini beginnt mit dem Digeridoo. Es baut sich ein Bild einer australischen Nacht vor meinem inneren Auge auf. Ein Saxophon steigt darauf ein und spielt eine sehr gefühlvolle Linie darüber, als würde sich an mein Lagerfeuer im australischen Outback nun eine alte Frau setzen und mir von Früher erzählen. Das ganze Stück bleibt sehr atmosphärisch. Ganz zum Schluss setzen die Bläser schonmal zum nächsten Stück an. "Blonder Zeybek" ist wie die Ruhe vor dem Sturm und als Track an sich für mich eher trivial, aber genau an die Stelle vor "Go East" muss er kommen.
Ein Track, den ich mir nicht einzeln anhören würde.

08. Go East - 6:28
Aus dem ruhigen Vorgänger drängt sich nun das Riff von "Go East" an die Ohren der Zuhörer. Unterstützung bekommt es von den Trommeln.Endlich dringt nun die gesamte Energie in unseren Gehörgang und steigert sich mehr und mehr. Just in dem Augenblick als man denkt "wo wollen wir heute hinfliegen?" bricht der Beat ab, nur um sich wieder aufzubauen. Äl Jawala stecken die Hütte nun vollends an. In einem ständigen Auf und Ab findet sich auch noch ein Solo von Markus Schumacher wieder. Meine Damen und Herren schnallen Sie sich an wir heben ab... Ganz zum Schluss bereisen wir nochmal kurz das Land des Drum´n Bass.
Geil.

09. Peno - 6:14
Los gehts: wie durch tiefen Schnee stapft der Bass vor uns her und ein Bläser neben uns macht einen müden Eindruck. Irgendwie ist unsere Reisegruppe noch ein bisschen erschöpft vom vorherigen Track. Dadurch haben wir aber die Möglichkeit, wieder neuen Geschichten zu lauschen die uns die Bläser aus anderen Welten erzählen können. Bald werden diese Geschichten größer und wilder und höher und schneller und weiter. Zum Schluss besinnt man sich aber nochmal darauf, dass wir noch ein bisschen reisen werden und noch nicht alle Energie verbraucht werden darf.

10. Step Into Jungle - 2:45
Mit einem schön langsamen Beat setzt die Beatfraktion ein. Das ganze klingt sehr getragen, als roter Teppich  für die könglich daher kommenden Saxophone. Das läuft so vor sich hin, bis das Schlagzeug wieder in tanzbarere Gefilde und Drum´n Bass - nahe Rhythmen drängt. Es gibt einen kurzen Rückfall, aber wir kommen immer wieder zurück. Das Ende dieses Tracks ist auch schon das Intro vom nächsten - Electric Cocek.
Let´s dance.

11. Electric Cocek - 6:03
Nach einem mehr oder weniger ruhigen Intro entwickelt sich der Song zu einem knock-your-head-beat. Man kann schön mit dem Kopf wackeln, nur um nach einem Break wieder in einen sehr verspielten Beat zu gehen, es kommt ein wenig Samba-feeling auf... Der Beat tröpfelt nun leiser vor sich hin und ein Saxophon gibt ein sehr cooles Solo. Band und Solist entwickeln immer mehr Drive und plötzlich rockt wieder alles, und das mitten in einem Solo. Es geht auf und wieder ab. Kurze Zeit, den Pullover auszuziehen, da man sehr schnell wieder auf die Tanzfläche gehen muss. Schnell ein Schluck Brause, die Freundin geküsst und weiter gehts.
Und immer wieder diese Stellen, bei denen man am liebsten mitten unter 1000 Leuten stehen möchte und einfach nur springen will.
Balkan-Head-Banger...

12. A Heymischer Bulgar - 4:46
Diskofeeling bei einer Balkan Band. Daniel Verdier macht es möglich und versucht mit uns die Flucht an einen Ort, weit weg vom Balkan. Jedoch holen uns die beiden Saxophone so schnell ein und reisen einfach mit. So wummert der Bass als unser Zug und wir können durch die Lande reisen. Am Ende hört man allerdings raus, dass unseren Bläsern ein wenig unwohl ist. Auch mit diesem Track reissen Äl Jawala die Hütte einfach ab und zerlegen die Bühne zu Kleinholz.



13. Shopa Nebritaya - 5:16
Mit dem Thema Miserlou geht es weiter. Die meisten von euch werden es aus Pulp Fiction oder von den Black Eyed Peas kennen. Aber die Version ist irgendwie frecher, rotziger. Und da ist wieder diese Gitarre. Ich hatte Sie kaum vermisst, aber es ist schön das letzte Stück dieses Weges mit ihr zu bestreiten. Und so verabschieden uns die Percussionisten mit einer Soloeinlage bevor die Band nocheinmal wehleidig in das Thema einsteigt und lebewohl sagt.
Beim nächsten mal wenn ich die CD einlege werden wir uns wiedersehen, und wer weiß, wohin uns die Reise dann führen wird.

Facts:
Äl Jawala:
Daniel Pellegrini        - Percussion, Digeridoo
Markus Schumacher   - Percussion
Daniel Verdier            - Bass
Krischan Lukanow       - Tenor-Saxophon, Alt-Saxophon
Steffi Schimmer          - Alt Saxophon
CD
Länge - 78:11 Minuten
erschienen - 2005

Fazit:
Äl Jawala verbinden nach eigenen Aussagen die wilde Musik des Ostens mit den Dancefloors der westlichen Metropolen. 2 Saxophone, 2 Percussionisten und - ab diesem Album - auch 1 Bassist spielen diesen Mix, den sie selbst als Big Beats bezeichnen. Nach diesem Album ist mir auch klar, dass es keinen Gesang braucht. Die Musik sprudelt nur so vor Energie und man kann beim Hören kaum still sitzen. Die Klangbreite ist aber auch eingeschränkt.
Das Album lädt zu einer Reise mit vielen Sehenswürdigkeiten ein.

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